Białowieża Nationalpark.
Europas Amazonien.

Eine Schatztruhe entlang der
polnisch-weißrussischen Grenze. Weltnaturerbe. Biosphärenreservat.
Vielgestaltig und artenreich. Letzter Tiefland Urwald Europas. Ganz
vorne unter den Wildnissen. Rund 250 Kilometer östlich von Warschau
und 340 Kilometer südwestlich von Minsks schützt der Białowieża
Nationalpark einen Teil des flachen zentraleuropäischen
Weichselbeckens (145/202 m NN), das zugleich die Wasserscheide
zwischen Ostsee und Schwarzem Meer bildet. Eingebettet in die
Bialowiezer Heide und von mehreren Flüssen (Hwoźna, Leśna, Łutownia
und Narewka) durchzogen, nimmt der Nationalpark auf polnischer Seite
nur einen Teil der grenzüberschreitenden Gesamtfläche (1.500 km²)
ein. Ein Drittel (630 km²) gehört zu Polen. Knapp die Hälfte (47 km²
) des Nationalparks (105 km²) ist als „Strenges Schutzgebiet“
ausgewiesen, das nur mit Führern auf festen Routen betreten werden
darf. Eingriffe innerhalb des Parks sind stark eingeschränkt,
obschon die Entnahme von wertvollem Altholz immer noch praktiziert
wird.
Bialowieza wurde als erster Nationalpark Polens 1923
gegründet. Die biologische Vielfalt ist beeindruckend. Das
Besucherzentrum im gleichnamigen Dorf zeigt eine multimedialer
Ausstellung der Tier- und Pflanzenwelt. Zu Beginn der Neuzeit galt
der ausgedehnte Mischwald-/Heidekomplex als eines der letzten
Rückzugsgebiete des Wisents, inzwischen das Symbol des Parks. Als
sich 1921 auch die letzten Spuren freilebender Tiere verloren
hatten, konnten ab 1956 dank der Nachzucht mehrerer Zoos und
Zoologischer Gärten, die in Europa noch geringe Bestände besaßen,
erste Wildrinder wieder ausgesetzt werden. Mittlerweile besteht eine
stabile Population von ungefähr 450 Tieren. Insgesamt 50
Säugetierarten wie Wölfe, Luchse, Elche, Hirsche, Rehwild,
Marderhund, Dachs und Biber sind hier zu Hause. Bialowieza
beherbergt erstaunliche 12.000 Tierarten (manche Experten gehen
sogar von 15.000 meist Wirbelosen wie Weichtiere, Spinnen, Insekten
aus), darunter viele seltene oder bedrohte Arten.

Vogelkundler
konnten 154 Brutvogel- und 120 Waldvogelarten nachweisen, unter
anderen neun Spechtarten (Weißrückenspecht, Dreizehenspecht), sieben
Eulenarten, Schwarzstorch, Schrei- und Schlangenadler, Blauracke,
Rotdrosseln und Zwergschnäpper. Bis heute ist in den offenen,
landwirtschaftlich extensiv genutzten Auelandschaften das berühmte
"Ätsch" des Balzgesanges der bedrohten Doppelschnepfe zu hören.
Andere Wiesenvogelarten wie der Wachtelkönig sind ebenfalls noch
ausgesprochen zahlreich vertreten.
Die Pflanzenwelt umfasst 26
Baumarten (46 Prozent Eichen-Linden-Hainbuchenwald, 24 Prozent
gemischter Nadelwald mit Kiefern und Fichten), 1000 Arten an
Gefäßpflanzen, Orchideen, 3.500 Pilzarten, 308 Moos- und
Lebermoosarten. 330 Flechtenarten wurden beschrieben. 1826 verfasste
der polnische Generalforstmeister Julius von den Brinken die erste
ausführliche Beschreibung des Gebietes.
Im Park stehen auch
mehrere lebende Naturdenkmäler wie die Dominator Eiche, die
Herrscher des Nordens und Südens, die Jagiello und Kongress Eiche,
der König von Nieznanowa, die Tonnen Eiche und Zar Eiche. Gut
erhaltene Hügelgräber deuten auf eine frühe Besiedlung dieser
Mischwaldregion hin, die sich vor Tausenden von Jahren durchgehend
von der Ostsee bis zum schwarzen Meer erstreckte. In Białowieża
haben die Urwälder alle Zeiten überstanden, ragen Baumriesen bis zu
50 Meter in den Himmel empor. Einige Eichen sind über 400 Jahre alt.
Die Vielfalt der Natur hat viele Geheimnisse. Eines ist sicherlich
der Wechsel von trocken und nass, von versumpften Stellen zu
höhergelegenen Inseln, von undurchdringlichen Kiefernmooren zu
offenen Flusstälern. Nationalpark und Biosphärenreservat Bialowieza
bewahren einen natürlichen Reichtum von unschätzbaren Wert, der in
Europa seinesgleichen sucht. Der Besuch der Kernzone ist nur
organisiert unter Leitung befugter Führer möglich. Rad- und Fußwege
unterschiedlicher Länge, ein Beobachtungsturm im Narewka Tal, das
Wisentgehege und das Naturgeschichtliche Museum bieten zahlreiche
Erkundungsmöglichkeiten.