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Selbst erfahrene Reisende
dürften bei diesen Namen ins Grübeln kommen. Geschichtskundige werden St.
Helena mit
Napoleon
in Verbindung bringen, ohne genaue Vorstellungen von der Insel zu haben.
Kaum verwunderlich, ist doch das Britische Ãœberseegebiet, zu dem auch
Ascension und Tristan da Cunha gehören, höchstens als Winzling
im Südatlantik auszumachen. Näher betrachtet, entfaltet sich ein
maritimes Ensemble, das echte Überraschungsmomente bereit hält. Wäre da die
Abgeschiedenheit nicht. Keine neue Erkenntnis. Bis ins 16.
Jahrhundert waren die drei Inselgebiete völlig unbekannt und unbewohnt. Am 25. März 1501 entdeckte
der galizische Seefahrer João da Nova
die nördliche Insel Ascension. Gut ein Jahr später, am 21. Mai 1502, kam St.
Helena hinzu. Die südlichste Inselgruppe
fand im März 1506
der Portugiese Tristão da Cunha.
Während Napoleons Verbannung auf St.
Helena (Oktober 1815 bis 05. Mai 1821) wurde Tristan da Cunha offiziell
britisches Territorium, Schon zuvor war Ascension besetzt und
als Festung ausgebaut worden. 1834 erhielten die Inseldrillinge den Status
einer Kronkolonie, 2002 schließlich den heutigen Rang (Oversea Territory).
Mit 6.563 Einwohnern und 391 Quadratkilometern Landfläche
eine eher unscheinbare Größe im Vereinigten Königreich.
Aufgewertet durch geographische und
geopolitische Besonderheiten. Nahe dem Zentralgraben des
Mittelatlantischen Rückens ruhen St. Helena und Tristan da Cunha auf der
Afrikanischen Platte, Ascension dagegen sitzt auf dem südamerikanischen
Pedant. Politisch gehört das Gebiet zu Europa, ist wirtschaftlich und
verkehrstechnisch aber von Südafrika abhängig. Die Afrikanische Union
betrachtet die Inseln als Teil (West-)Afrikas. Ascension kommt wegen
fehlende Einrichtungen und mangelnder Verbindungen kaum für Besucher
infrage. St. Helena allerdings erfährt neuerdings etwas Aufwind.
Dank verbesserter Reisemöglichkeiten. Tristan da Cunha fällt deutlich
dahinter zurück. Einmal angelangt, steht einer Erkundung zu Fuß, auf
vier Rädern oder per Boot nichts mehr entgegen. Ein Ziel für
Entdeckernaturen. Inseln mit Ausnahmecharakter. Entlegenes Neuland. Zwar
umständlich erreichbar, aber durchaus einen Versuch wert.
Wirklich abgekoppelt von der Außenwelt war St. Helena seit ihrer Entdeckung anno 1502 nicht. Die strategisch wichtige Lage zwischen Europa und dem ferner Osten, zwischen Angola und Brasilien diente Schiffen für Jahrhunderte als lebenswichtige Versorgungsstation. Holländer und Engländer stritten um das Eiland. Schließlich übernahm die Britisch-Ostindische-Kompanie 1657 im Auftrag der Krone die Verwaltung. Die Besiedlung begann. Bis heute ist der britische Einfluss nicht zu übersehen. Das Englisch gleicht einer „gejodelten Mischung aus US-Südstaaten-Slang und schottischem Hochlandkauderwelsch“. Bezahlt wird mit britischem Pfund. Die einzelnstehende überschaubare Felseninsel vulkanischen Ursprungs (123,28 qkm) überrascht mit vielgestaltigen Naturlandschaften: Zerklüfteten (Steil-)Küsten, ariden, grünen und fruchtbaren Winkeln, sanften Hügelketten und einem verhangenem ‚Wolkenwald‘. Der höchste Gipfel Diana’s Peak (823 m NN) bietet einen 360-Grad Rundblick (Peaks National Park). Mehrere Erhebungen erreichen fünfhundert Meter. Ob über oder unter Wasser, Flora und Fauna können sich sehen lassen. Verblüffend der Artenreichtum trotz bescheidener Inselgröße. Beachtlich das gregorianische Kulturerbe. Auf den engen, meist einspurigen Straßen (138 km) gilt Linksverkehr. Staus gibt es nicht. Jeder kennt und grüßt jeden. Ein Provinzialismus, der den berühmtesten Bewohner wider Willen, Napoleon Bonaparte, einst zur Weißglut brachte. St. Helena hat nur 4.500 Einwohner. Dennoch ist die Miniaturhauptstadt Jamestown (629 Einwohner) mit kleinem Hafen und einer Einkaufsmeile kein verschlafenes Nest. Spaziergänge und Wanderwege erschließen das Innere, führen selbst in entlegenste Ecken. Die monatliche Ankunft des Postschiffs bestimmte jahrzehntelang den Puls der Insel. Der erste Linienflug am 14. Oktober 2017 schlug ein neues Kapitel auf. Gründe genug also, um wenigstens einmal den Vorzügen und Besonderheiten der näher gerückten Inselschönheit nachzuspüren.
Kurz und knapp:
Landschaftsrelief und die exponierte Lage im
Südatlantik bescheren St. Helena ein gemäßigt feuchtes Klima
mit wenig ausgeprägten Jahreszeiten. Die Bedingungen unterscheiden sich
deutlich von denen der anderen beiden Teile des Ãœberseegebietes.
Niederschlag kann in allen Monaten
fallen. Mit Höhepunkten im März, Juni, Juli und Oktober. Den wenigste
Regen fällt Dezember bis März. Statistisch kommt die Insel im
Jahr auf 105 Regentage (657 mm Niederschlag). Tagsüber fallen Temperaturen
kaum unter 17°C Grad, nachts selten unter 13°C Grad. Die Höchstwerte pendeln
um 23°C Grad. Ganzjährig beträgt die Luftfeuchtigkeit zirka 80
Prozent. Die beste Reisezeit gibt es nicht. Maßgeblich sind
persönliche Interessen (Wandern, Vogelkunde, Tauchen, Walbeobachtung). So
gelten (November)Dezember bis März als Hauptsaison der Walhaie, die
auch schnorchelnde Wegbegleiter tolerieren. Beachtlich das Vogelleben,
eng mit der Kolonisierung verbunden. Eine Erfolgsgeschichte des Umwelt- und
Artenschutzes. Ãœber zwanzig Wanderwege (Post Box Walks)
verteilen sich auf der Insel. In Jamestown kommt Kultur und Geschichte
nicht zu kurz. Die meisten Einwohner sind britischer Herkunft,
ergänzt um Nachfahren von Arbeitern aus Madagaskar (um 1840) und
Wanderarbeitern aus China (um 1810). Auf St. Helena gibt es keine
Geldautomaten, Kreditkarten finden kaum Akzeptanz. Besser vorab Geld
wechseln. St. Helena und Ascension besitzen formal eine eigene Währung
mit eigenem Bargeld, das St. Helena Pfund (SHP). Wechselkursparität
mit dem britischen Pfund Stirling. Das 138 Kilometer lange Straßennetz
(118 km befestigt, 20 km unbefestigt) ist vorwiegend einspurig. Bergauf hat
Vorfahrt. Generelle Geschwindigkeitsbegrenzung: 30 Meilen/Stunde. Das
vorhandene öffentliche Busnetz wird deutlich ausgebaut. Wöchentliche
Flugverbindung mit Südafrika (H/R: 4,5 bis 6,5 Stunden Flugdauer mit
Tankstopp in Namibia). Notwendig für einen Inselaufenthalt sind:
Rückflugticket, Unterkunft, Krankenversicherung, und ausreichende Geldmittel
(20 Britische Pfund/Tag). Für deutsche Staatsangehörige reicht zur
Einreise ein gültiger e-Reisepass. |
Auf halbem Weg zwischen Afrika und Antarktis, rund 2.800 Kilometer von Kapstadt und 4.500 Kilometer von Buenos Aires entfernt, liegt im Südatlantik auf dem Mittelatlantischen Rücken die kleine Inselgruppe Tristan da Cunha (206 qkm). Der einsamste Archipel der Welt. Ein britisches Protektorat, das von der Hauptstadt Jamestown auf St. Helena, 2.100 Kilometer weiter nördlich, verwaltet wird. Die einzige Siedlung des Archipels steht auf der kreisrunden Hauptinsel. Edinburgh (ca. 290 Einwohner) verfügt über eine Schule, ein Hospital, Postamt, Bürgerzentrum und Museum, zwei Kirchen, einen Swimmingpool, einen Golfplatz und eine Kneipe (Pub). Einen Flughafen gibt es nicht. Schiffsanlandungen sind wegen zu rauer See nicht immer möglich. Selten verirren sich Besucher hierher. Die meisten Gäste kommen an Bord einiger Kreuzfahrtschiffe, die für wenige Stunden Halt machen oder sind Passagiere, die mit einem Versorgungsschiff eintreffen. Die Bevölkerung umfasst achtzig Familien mit gerade mal sieben Nachnamen: Green, Glass, Hagan, Lavarello, Repetto, Rogers und Swain. Alle irgendwie miteinander verwandt. Nachfahren kühner Pioniere, die im 17.Jahrhundert mit der Britischen-Ostindien-Kompanie aus England, Irland und Schottland eintrafen. Bei Ankunft der Europäer war die abgeschiedene Vulkaninsel unbewohnt; eine Urbevölkerung hat es wohl nie gegeben. Ein Administrator mit 24-köpfigem Rat erledigt im Auftrag des Gouverneurs die Amtsgeschäfte. Wichtige Einnahmequellen der entlegensten ständig bewohnten Insel der Welt sind Langustenfang, Obst, Gemüse und Kartoffelanbau, ferner Strickwaren wie Mützen, Socken und Pullover sowie der Verkauf von Briefmarken an Sammler. Vorher betrieben die Inselbewohner vorwiegend Tauschhandel. Großbritannien sorgt für den finanziellen Lastenausgleich. Seit 2005 hat Tristan da Cunha sogar eine eigene Postleitzahl (TDCU 1 ZZ). Als britische Staatsbürger könnten sich die Insulaner beliebig lange im Vereinigten Königreich aufhalten. Doch nur selten besteht Gelegenheit dazu. Kriminalität, Gesetzesverstöße und Verkehrsaufkommen halten sich in niedrigen Grenzen. Das Straßennetz umfasst ganze 20 Kilometer. Der einzige Polizist verbringt angeblich den größten Teil seiner Zeit mit dem Schreiben von Büchern. Bekanntester Künstler ist der taubstumme Maler Jimmy Rogers. Das einsame Leben ist nicht ohne Reiz. Vor allem die Natur lohnt einen längeren Aufenthalt. Selbst wenn der legendäre Schatz des Seefahrers Jonathan Lambert nicht gefunden werden sollte, der ihn 1812 irgendwo auf den Inseln versteckt haben soll.
Kurz und knapp: Die Hauptinsel des Archipels verfügt über 20 Kilometer halb befestigter, halb unbefestigter Straßen. Mit dem wohl kleinsten öffentlichen Busnetz der Welt. Die Flotte umfasst einen Minibus, für Rentner kostenlos. Einen Flugplatz gibt es nicht, weshalb dem Schiffsverkehr überragende Bedeutung zukommt. Von Südafrika aus sorgen Kombischiffe für Güter und Personen in unregelmäßigen Abständen für die lebenswichtige Anbindung zur Außenwelt. Der Bau eines neuen Hafens war für 2014 geplant, wurde wegen zu hoher Kosten aber wieder aufgegeben. Nachdem die gesamte Bevölkerung wegen eines Vulkanausbruchs von 1961 bis 1963 nach Großbritannien evakuiert werden musste, wurde nach der Rückkehr die Währung des Mutterlandes, das Pfund Sterling, eingeführt. Bis zur Gleichberechtigung aller drei Teilgebiete 2009 besaß das Überseeterritorium eine einheitliche Flagge. De facto gilt weiterhin das Banner von St. Helena, de jure besitzt Tristan da Cunha eine eigene Fahne. Kühle und relativ feuchte Witterung bestimmt das Inselklima. Die Niederschläge im Jahresmittel erreichen mehr als 1.600 Millimeter. An zwei von drei Tagen im Jahr regnet es. Selten liegen die Temperaturen höher als 20°C Grad. |